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Technologien und Anwendungen

Eine Person vermisst ein Bauteil an einem Industriearbeitsplatz. Im Hintergund ein Schweißroboterarm. © Wandelbots GmbH

Roboter, vernetzte Systeme sowie moderne Informations- und Kommunikationstechnik sollen die Menschen in Zukunft noch besser unterstützen, als dies bislang möglich ist. Schon heute gehören sächsische Unternehmen im Bereich der Automatisierung zu den Marktführern. Viele Branchen im Freistaat setzen auf hochautomatisierte Fertigungslinien. So stehen in den Produktionshallen der Automobilwerke tausende Roboter. Die sächsische Halbleiterindustrie mit ihren aufwendigen Produktionsprozessen gehört ebenfalls zu den Pionieren in Sachen Industrie 4.0.

Bosch: Neues Werk in Dresden setzt auf Industrie 4.0

Bosch startete 2021 die Halbleiterfertigung in Dresden. Im 300-Millimeter-Halbleiterwerk im Herzen des Hochtechnologieclusters Silicon Saxony werden Leistungshalbleiter, anwendungsspezifische integrierte Schaltungen (ASICs) und perspektivisch auch MEMS-Sensorik hergestellt.

Mit einem internationalen Team gestaltet Bosch in Dresden die vollautomatisierte Fertigung der Zukunft. Dabei werden Methoden der künstlichen Intelligenz, 3D Building Information Modeling, Augmented und Virtual Reality eingesetzt. Das Unternehmen, das Chips bislang ausschließlich in Reutlingen produzierte, hat in der sächsischen Landeshauptstadt mehr als eine Milliarde Euro investiert, um seine Kapazitäten zu erweitern. Die Fab in Dresden, in der Halbleiterchips auf Basis der 300-Millimeter-Technologie weitgehend automatisiert hergestellt werden, ist die größte Einzelinvestition in der 130-jährigen Geschichte des Unternehmens.

Das Halbleiterwerk von Bosch in Dresden setzt auf AIoT – eine Kombination von Künstlicher Intelligenz (KI) und dem Internet der Dinge. So wird KI beispielsweise in der Produktionssteuerung genutzt, um die Wafer möglichst effizient durch bis zu 700 Prozessschritte im Werk zu navigieren. Für eine Echtzeit-Kommunikation zwischen Maschinen und Computern soll in der Fab schon bald der neue Mobilfunkstandard 5G einsetzt werden.

Die Prozessdaten aus der Waferfab werden durch KI ausgewertet. Sie erkennt selbst kleinste Fehler, die durch spezifische Fehlerbilder, sogenannte Signaturen, auf den Wafern sichtbar werden. Somit können Prozessabweichungen korrigiert werden, noch bevor sie die Zuverlässigkeit des Produktes beeinflussen. Damit steigt die Qualität der Chips bei sinkenden Fertigungskosten. Der Einsatz von AIoT ermöglicht es Bosch darüber hinaus, die Entwicklung neuer Halbleiterprodukte zu beschleunigen.

Virtueller Rundgang durch die Fabrik der Zukunft von Bosch in Dresden. Bildnachweis: Bosch Global

Infineon Dresden: Flexibel durch intelligent vernetzte Produktion

Blick in Chipfertigungsräume mit hochautomatisierten technischen Geräten. Im Hintergund eine Person in weißem Schutzanzug.
Hochautomatisierte Industrie-4.0-Fertigung von Infineon Dresden.  © Infineon

Wie die digitalisierte Fertigung der Zukunft aussehen wird, das ist schon heute bei der Infineon Technologies AG in Dresden erlebbar. Das Unternehmen hat seine 300-Millimeter-Volumenproduktion für Leistungshalbleiter von Anfang an als hochautomatisierte Fabrik gebaut. Die 200-Millimeter-Fertigungslinie wurde ebenfalls mit neuester Technik ausgestattet. Heute gehört sie zu den modernsten der Welt: Den Wafertransport übernehmen Roboter, Sensoren erfassen eine Vielzahl von Daten. Über zentrale Softwaresysteme erfolgt automatisch die Steuerung der Produktion. So wird die Fertigung beständig optimiert.

Infineon hat am Standort Dresden seit 1994 über drei Milliarden Euro investiert. Die Entwicklung der Systeme für die autonome Fabrikautomation bei Infineon Technologies Dresden und die Clusterforschung an den mobilen Robotern, förderte der Freistaat gemeinsam mit der EU und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung EFRE.

Da alle Werke des Unternehmens miteinander vernetzt sind, kann Infineon neueste Technologien, die in Dresden entstanden sind, ohne Zeitverzug weltweit einsetzen. Seit 2018 gibt es am Standort Dresden ein Entwicklungszentrum des Konzerns. Dort wird vor allem an neuen Produkten und Lösungen für Automobil- und Leistungselektronik sowie Künstlicher Intelligenz gearbeitet.

Navigiert autonom im Reinraum: Transportroboter SCOUT der Fabmatics GmbH Dresden

Auf die Automatisierung von Hightech-Fabriken, in denen unter Reinraumbedingungen produziert wird, hat sich die Fabmatics GmbH aus Dresden spezialisiert. Für den Materialtransport und das Handling von Waferkassetten in der Halbleiterindustrie hat das Unternehmen zwei Roboter entwickelt. HERO@FAB fährt frei im Reinraum umher, ohne Schiene oder Kabelanschluss. Auch der Roboter SCOUT bietet eine flexible Alternative zu fest installierten Transportsystemen. Er navigiert autonom und kann aufgrund seiner zuverlässigen Sensortechnik selbst dort sicher eingesetzt werden, wo Menschen und Maschinen auf engstem Raum arbeiten.

Auch der Roboter HERO Scout bietet eine flexible Alternative zu fest installierten Transportsystemen. Er navigiert autonom, und kann aufgrund seiner zuverlässigen Sensortechnik selbst dort sicher eingesetzt werden, wo Menschen und Maschinen auf engstem Raum arbeiten. Er wurde speziell für den flexiblen Transport und die sichere Handhabung von so genannten Reticle Pods entwickelt. Darin werden hochwertige Fotomasken, eine Schlüsselkomponente für die Herstellung von Mikrochips, transportiert.

Fabmatics wurde für diese Innovation vielfach ausgezeichnet. So war das Unternehmen unter den Preisträgern beim futureSAX Innovationspreis des Freistaates Sachsen 2019. Bei der nachträglichen Automatisierung von 200-Millimeter-Halbleiterfabs vertrauen weltweit viele Chiphersteller auf die überragende Kompetenz des sächsischen Unternehmens. Fabmatics war auch Partner von Infineon Dresden bei der erfolgreichen Modernisierung der Fertigung.

Wandelbots GmbH – Spezialist für No-Code-Robotik

Die Dresdner Wandelbots GmbH eröffnet vollkommen neue Möglichkeiten zum Einsatz von Robotern. Dem Startup, 2017 gegründet von Mitarbeitern der Informatik-Fakultät der TU Dresden, ist es gelungen, ein Problem zu lösen, das bislang den variablen Einsatz von Robotern verhinderte. Denn üblicherweise müssen Industrieroboter mit hohem Zeit- und Kostenaufwand neu programmiert werden, wenn sie neue Arbeitsaufgaben übernehmen sollen.

Das ist ein Problem, denn es behindert den Einsatz von Robotik überall dort, wo variantenreich und in kleinen Losgrößen produziert wird. Wandelbots hatte daher eine Lösung entwickelt, mit der das »Anlernen« von Robotern sehr viel einfacher und schneller möglich wurde: Mit Hilfe eines TracePens, in den Sensoren integriert sind, kann jeder Mitarbeiter dem Roboter demonstrieren, welche Bewegungen er ausführen soll. Die Software-Plattform von Wandelbots erstellt dann das neue Steuerprogramm.

Doch beim Einsatz dieser Technologie mussten die Wandelbots-Gründer bald feststellen: Es ist gar nicht so einfach, Robotik so benutzerfreundlich zu machen, dass sie für vollkommen neue Märkte attraktiv wird. Für jede Branchenlösung, beispielsweise für die Anwendung beim Schweißen, war sehr viel Applikationswissen erforderlich – und somit auch Personal. Das passte aber nicht zu den Zielen des Start-ups, und deshalb beschlossen die Unternehmensgründer im Frühjahr 2023 einen radikalen Kurswechsel: Verzicht auf die Hardware, Konzentration auf die Software.

Ziel von Wandelbots ist es nun, eine übergreifende Softwareplattform für die Robotik zu entwickeln, die den gesamten Lebenszyklus erfasst, von den ersten Planungen über Konstruktion und virtuelle Inbetriebnahme bis hin zur realen Inbetriebnahme und zum realen Betrieb, und von dort auch wieder zurück in die Anlagenkonstruktion. Im November 2024 will Wandelbots die neue Plattform erstmals öffentlich präsentieren. Digitale Zwillinge, Simulationen und künstliche Intelligenz werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Zielgruppe sind nun nicht mehr die Endanwender, sondern Maschinenbauer und Automationsteams.

Industrie-Partner (IP) GmbH: Mehr Flexibilität für den Mittelstand dank »Robo-Operator«

Wenn Mitarbeiter fehlen, kann der »Robo Operator« aushelfen. Die Industrie-Partner (IP) GmbH aus Coswig hat die mobilen, eigenständigen Roboterzellen mit dem Dresdner Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU entwickelt.

Der »Robo Operator« unterstützt Unternehmen dabei, die Produktion auch bei Personalmangel am Laufen zu halten. Die mobile Roboterzelle ist in der Lage, Maschinen zu betreiben, die nicht für eine Automatisierung vorgesehen sind. Sie übernimmt beispielsweise die Bedienung und Handhabung der verschiedensten CNC-Werkzeugmaschinen und Montageautomaten. Dank intelligenter Kamerasteuerung ist der »Robo-Operator« in der Lage, alle anfallenden Arbeiten selbständig auszuführen. Der Roboter kann zudem monotone Tätigkeiten oder lästige Nebenarbeiten, wie das Entgraten scharfer Kanten, erledigen und damit die Fachkräfte entlasten.

TU Dresden: Exzellenzcluster CeTI erforscht Mensch-Maschine-Interaktion

Eine Person gibt einem Roboterarm die Hand. Im Hintergrund eine Frau mit einem blauen Handschuh.
Ein Roboterarm und ein intelligenter Handschuh ermöglichen es, die Zukunft der Mensch-Roboter-Interaktion für die Gesellschaft erfahrbar zu machen. Die Fingerbewegungen des Roboterarms lassen sich mit Hilfe von eingestrickten Sensoren im Handschuh steuern.  © Sebastian Weingart (DML-BY)

Menschen sollen künftig in der Lage sein, in Echtzeit mit vernetzten automatisierten Systemen in der realen oder virtuellen Welt zu interagieren. Das »Zentrum für taktiles Internet mit Mensch-Maschine-Interaktion« (Centre for Tactile Internet with Human-in-the-Loop – CeTI) an der TU Dresden arbeitet daran, die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine auf eine neue Stufe zu heben.

Mehr als hundert Wissenschaftler aus den Fachgebieten Elektro- und Kommunikationstechnik, Informatik, Psychologie, Neurowissenschaften und Medizin forschen derzeit in dem Exzellenzcluster, das von der DFG gefördert wird, gemeinsam an neuen Technologien für die Zusammenarbeit von Robotern und Menschen. Die Experten aus Dresdner kooperieren dabei auch mit Kollegen an der TU München, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und der Fraunhofer-Gesellschaft sowie internationalen Wissenschaftseinrichtungen.

Erste Arbeitsergebnisse hat das CeTI bereits erfolgreich präsentiert. So erhielten im Juni 2021 vier Projekte aus dem Exzellenzcluster den Sächsischen Staatspreis für Design. Weiteres Higlight: Die CeTi-Bar, die im April 2024 auf dem Campus der TU Dresden eröffnet wurde. In diesem innovativen Reallabor erforschen Ingenieure, wie sich menschliche Fähigkeiten dauerhaft auf Maschinen übertragen lassen.

HTW Dresden testet Innovationen für die Smart Factory

Eine komplette Industrie 4.0-Produktionsstrecke befindet sich in der Smart Factory der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden. In diesem »Industrial Internet of Things Test Bed« zeigen Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Smart Production Systems um Prof. Dr. Dirk Reichelt, Professor für Informationsmanagement an der HTW Dresden, wie sich Informationen über Menschen, Maschinen und Material in einer industriellen Umgebung erheben, übertragen, verarbeiten und analysieren lassen.

In die Smart Factory mit eingebunden sind unterschiedliche Hard- und Softwaresysteme. Ihre Integration wird an einem durchgängigen Fertigungsprozess mit integrierter innerbetrieblicher Logistik demonstriert. Vor allem auch kleine und mittelständische Unternehmen, die IoT-Lösungen einführen möchten, erhalten dort Unterstützung.

Zwei Köche in weißen Kitteln arbeiten gemeinsam mit Robotern in einer modernen, technisch ausgestatteten Küche.
Die CeTI BAR ist ein Projekt des CeTI Exzellenzclusters und zeigt eine Anwendung des taktilen Internets.  © CeTi / TU Dresden

HTW Dresden testet Innovationen für die Smart Factory

Eine komplette Industrie 4.0-Produktionsstrecke befindet sich in der Smart Factory der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden. In diesem »Industrial Internet of Things Test Bed« zeigen Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Smart Production Systems um Prof. Dr. Dirk Reichelt, Professor für Informationsmanagement an der HTW Dresden, wie sich Informationen über Menschen, Maschinen und Material in einer industriellen Umgebung erheben, übertragen, verarbeiten und analysieren lassen.

In die Smart Factory mit eingebunden sind unterschiedliche Hard- und Softwaresysteme. Ihre Integration wird an einem durchgängigen Fertigungsprozess mit integrierter innerbetrieblicher Logistik demonstriert. Vor allem auch kleine und mittelständische Unternehmen, die IoT-Lösungen einführen möchten, erhalten dort Unterstützung.

Dresdner Barkhausen Institut übernimmt Grundlagenforschung zur Industrie-Digitalisierung

Das Barkhausen Institut ist eine unabhängige Forschungseinrichtung, die eng mit der TU Dresden zusammenarbeitet und sich auf die Kernfelder des Internets der Dinge (IoT) konzentriert. Das Institut der Grundlagenforschung ergänzt das Kompetenz- und Innovationszentrum zur Industrie-Digitalisierung in Dresden.

Ein wichtiges Ziel der Wissenschaftler ist es, Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit des IoT weiter zu verbessern. Dafür befassen sie sich mit Technologien in den Bereichen Hardware, Software und Datenübertragung. Der Fokus liegt auf der Forschung an sicheren Betriebssystemen und dazu passenden sicheren Prozessor-Architekturen. Zudem untersuchen die Forscher, wie Funktechnologien zur Erhöhung der Sicherheit des Gesamtsystems beitragen können. Auch den Datenschutz haben sie im Blick. Sie entwickeln ganzheitliche Lösungen, die es ermöglichen, beim Einsatz von Geräten im Internet der Dinge die Privatsphäre zu schützen, ohne die Funktionalität zu beeinträchtigen. Das Barkhausen Institut leistet damit einen maßgeblichen Beitrag zum Lückenschluss in der digitalen Wertschöpfungskette des Freistaates Sachsen.

So wie die wissenschaftlichen Leistungen Heinrich Barkhausens in ihrer Zeit wegweisend waren, so soll auch das Barkhausen Institut Pionier für die herausfordernde Forschung im Bereich des Internets der Dinge werden.

(Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen, ehemaliger Rektor der Technischen Universität Dresden
bei der Eröffnungsveranstaltung am 7. März 2019)
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